Noch vor fünfzehn Jahren zählte Aids zu den großen Bedrohungen der Menschheit. Wer mit einem »positiven« HIV-Testergebnis konfrontiert wurde, konnte sich einer Beschäftigung mit dem Tod nicht entziehen. Zu groß war die Wahrscheinlichkeit, dass es bald zu Ende gehen würde.

Die Zeiten haben sich geändert. Seit 1996 haben die retroviralen Kombinationstherapien bei vielen infizierten Patienten enorme Erfolge erzielt. Die Lebenserwartung ist gestiegen, die Todesraten sind massiv zurückgegangen und das Krankheitsbild Aids hat sich weitgehend zurückgezogen. Unterdessen gibt es viele HIV-Infizierte, die seit Jahrzehnten mehr oder weniger gesund und beschwerdefrei leben. Der Sexualwissenschaftler Martin Dannecker hat zur sprachlichen Kennzeichnung dieses Wandels den Begriff des »neuen Aids« in Umlauf gebracht.

Wie steht es um dieses neue Aids? Ist es tatsächlich so harmlos geworden, wie man leicht den Eindruck gewinnen kann? Oder ist es nur unsichtbar geworden? In unserer Rubrik »Das neue Aids« gehen wir diesen Fragen nach. Der neueste Beitrag stammt von TAZ-Journalist Jan Feddersen und stellt die Frage: »Was bloß ist Aids?«